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Hamilton-Systeme beliebiger Dimension

Nach Galin [Ar89, Anhang 6] ist die folgende Liste (Gln. (A.15),...,(A.20)) von sechs quadratischen Hamilton-Funktionen $H_2\in\L _2$ vollständig: Alle anderen quadratischen Hamilton-Funktionen erhält man dadurch, daß man mehrere der folgenden $H_2$ linear kombiniert -- so wie wir es in Gl. (A.4) an einem einfachen Beispiel demonstriert haben -- und die so erhaltene Hamilton-Funktion einer geeigneten linearen kanonischen Transformation unterwirft. Die im folgenden aufgeführten sechs $H_2$-Typen werden deshalb als die Normalformen der quadratischen Hamilton-Funktionen bezeichnet.

Die Galinsche Klassifizierung wird in konsequenter Verallgemeinerung unseres Vorgehens in Abschnitt A.1 konstruiert. Ausgehend von der speziellen Eigenwertstruktur der Hamilton-Matrix (siehe Seite [*]) , werden systematisch diejenigen Hamilton-Funktionen aufgelistet, die den für eine Hamilton-Matrix möglichen Eigenwerttupeln entsprechen, wobei die jeweils erlaubten Dimensionen des Jordan-Kästchens dieses Eigenwerttupels berücksichtigt werden.

Wir weisen an dieser Stelle noch darauf hin, daß sich die Hamilton-Funktionen für $n=2$, die man durch Linearkombination der Normalformen dieses Abschnittes erhält, von den in Abschnitt A.1 diskutierten Hamilton-Funktionen teilweise unterscheiden, was jeweils auf eine andere Anordnung der Zeilen und Spalten in den Hamilton-Matrizen zurückzuführen ist. Wir müssen uns hier auf Galins Aussage verlassen, daß alle Hamilton-Funktionen nach dem oben genannten Schema aus seinen Normalformen hergeleitet werden können.

  1. Für ein Paar von Eigenwerten $\pm a, a\neq0$, die jeweils einen Jordan-Block der Dimension $k$ besitzen, erhält man die Hamilton-Funktion
    \begin{displaymath}
\quad
H_2(q_1,\ldots,p_k)
= -a\sum_{j=1}^kp_jq_j + \sum_{j=1}^{k-1}p_jq_{j+1} \quad.
\end{displaymath} (A.-1)

  2. Für vier Jordan-Blöcke der Dimension $k$, die jeweils einem der Eigenwerte $\pm a\pm ib,\, a,b\neq0$ entsprechen, gilt:
    \begin{displaymath}
\quad
H_2(q_1,\ldots,p_{2k})
= -a\sum_{j=1}^{2k}p_jq_j
+...
...}q_{2j}-p_{2j}q_{2j-1})
+ \sum_{j=1}^{2k-2}p_jq_{j+2} \quad.
\end{displaymath} (A.0)

  3. Die Null kann entweder als ein Paar von Eigenwerten auftreten oder als ein einzelner Eigenwert mit einem Jordan-Kästchen gerader Dimension. Im ersten Fall erhält man für $k=1$ ein triviales $H_2$:
    \begin{subequations}
\begin{equation}
\quad H_2(q_1,p_1) = 0 \quad.
\end{equa...
...ts,p_k)
= \sum_{j=1}^{k-1}p_jq_{j+1}
\quad,
\end{equation} \end{subequations}
    entsprechend zwei Jordan-Kästchen mit der Kantenlänge $k$.
  4. Wenn der Eigenwert null einem einzigen Jordan-Kästchen (mit der Dimension $2k$) entspricht, hat man für $k=1$:
    \begin{subequations}
\begin{equation}
\quad H_2(q_1,p_1) = \pm \frac{1}{2}q_1^...
...
\right)
-\sum_{j=1}^{k-1}p_jq_{j+1} \quad.
\end{equation} \end{subequations}
  5. Für rein imaginäre Eigenwerte $\pm ib$ muß zwischen Jordan-Blöcken mit ungerader und gerader Dimension unterschieden werden. Im ersten Fall gilt für das Eigenwertpaar $\pm ib$ eines (Teil-) Systems mit einem Freiheitsgrad der Bewegung:
    \begin{subequations}
\begin{equation}
\quad
H_2(q_1,p_1) = \pm\frac{1}{2}\lef...
...& -\sum_{j=1}^{2k}p_jq_{j+1} \quad. \nonumber
\end{eqnarray} \end{subequations}
  6. Schließlich kann das Eigenwertpaar $\pm ib$ mit zwei Jordan-Kästchen der Dimension $2k$ auftreten. Wenn $k=1$ ist, gilt:
    \begin{subequations}
\begin{equation}
\quad H_2(q_1,\ldots,p_2)
= \pm\frac{1}...
..._{2j}q_{2j-1} \quad. \nonumber
\end{eqnarray} \end{samepage} \end{subequations}

Wir nun die Galinschen Normalformen für quadratische Hamilton-Funktionen und den Normalformbegriff der Dragt-Finn-Stegemerten-Theorie kombinieren und die folgende Definition einer verallgemeinerten Normalform geben.

Definition A.1   Wir sagen, daß eine Hamilton-Funktion $H({\mbox{\protect\boldmath$z$}})=\sum_{l\geq 2}H_l({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$ in verallgemeinerter Normalform bis zum Grad 2 ist, wenn $H_2({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$ in einer der oben angeführten Formen I bis VI vorliegt oder als Linearkombination dieser Normalformen dargestellt werden kann.
$H({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$ ist in verallgemeinerter Normalform bis zum Grad $m$, wenn $H_2({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$ in verallgemeinerter Normalform und zusätzlich $H({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$ in DFS-Normalform bis zum Grad $m$ ist.

Diese Definition ist sinnvoll, denn jede Hamilton-Funktion $H\in\L $ kann im Sinn von Definition A.1 normalisiert werden: Nach Galin kann jedes $H_2$ kanonisch in eine Linearkombination von $H_2$-Termen der Typen I bis VI transformiert werden, und Stegemertens Satz 1.3 stellt die Normalisierbarkeit der Anteile von $\H$ mit größerem Grad als zwei sicher. Die Diskussion von in verallgemeinerter Normalform befindlichen Hamilton-Funktionen bietet sich deswegen an, weil man für diese Hamilton-Funktionen (bis auf eine Ausnahme) unmittelbar die zweiten Integrale der DFS-Theorie angeben kann, ebenso wie das in Abschnitt A.1 für den Fall $n=2$ gelang.

Formale Integrale für die Galinschen Normalformen:

  1. Aus einer quadratischen Hamilton-Funktion vom Galin-Typ I erhält man die folgende $(2k,2k)$-Hamilton-Matrix:
    \begin{displaymath}
\quad
L = \left(
\begin{array}{cc}
\fbox{$\displaystyle ...
...cdots & 0 & -1 & a
\end{array} $} \end{array} \right) \quad.
\end{displaymath} (A.-3)

    Der Übersichtlichkeit halber haben wir hier die $(k,k)$-Nullmatrizen mit dem Index $k$ gekennzeichnet; diese Notation wird sich auch bei einigen der nachfolgenden Gleichungen als nützlich erweisen.

    Offensichtlich ist die Jordan-Chevalley-Zerlegung von $L$ durch
    \begin{subequations}
\begin{equation}
L = a \left( \begin{array}{cc} -\mbox{\r...
... \\
0 & & \cdots & & 0
\end{array} \right)
\end{equation} \end{subequations}
    gegeben, so daß wir für das formale Integral der Galin-Normalform I

    $\displaystyle I_{\rm DFS}(q_1,\ldots,p_k)$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{2} {\mbox{\protect\boldmath$z$}} \mbox{\protect\boldmath...
...0_k & \mbox{\rm id}_k
\end{array} \right) {\mbox{\protect\boldmath$z$}} \right)$  
      $\textstyle =$ $\displaystyle -a \sum_{j=1}^k q_jp_j$ (A.-3)

    erhalten.
  2. Ein $H_2$ vom Typ II führt auf die Hamilton-Matrix
    \begin{subequations}
\begin{equation}
L = \left( \begin{array}{cc}
L^{[1]} & ...
...\\ -b & a
\end{array} $} \end{array} \right)
\end{eqnarray} \end{subequations}
    und damit auf das DFS-Integral
    \begin{displaymath}
\quad
I_{\rm DFS}(q_1,\ldots,p_{2k}) = -a\sum_{j=1}^{2k}p_...
...m_{j=1}^k\left( p_{2j-1}q_{2j}-p_{2j}q_{2j-1} \right)
\quad,
\end{displaymath} (A.-3)

    denn der nilpotente Anteil von $L$ in Gl. (A.24) ist durch die Beiträge der Einheitsmatrizen $\mbox{\rm id}_2$ gegeben.
  3. Nach Voraussetzung hat ein $H_2$ vom Galin-Typ III nur null als Eigenwert. Somit sind in diesem Fall die Hamilton-Matrix nilpotent und das DFS-Integral identisch null:
    \begin{displaymath}
\quad I_{\rm DFS}(q_1,\ldots,p_k) \equiv 0 \quad.
\end{displaymath} (A.-2)

  4. Hier gilt die gleiche Aussage wie für den Galin-Typ III:
    \begin{displaymath}
\quad I_{\rm DFS}(q_1,\ldots,p_k) \equiv 0 \quad.
\end{displaymath} (A.-1)

  5. Für den fünften Galin-Typ erhalten wir die Hamilton-Matrix
    \begin{subequations}
\begin{equation}
L = \left( \begin{array}{cc}
N^{[1]} & ...
...\\ [0.2cm]
N^{[1]} & = & -{N^{[2]}}^T \quad.
\end{eqnarray} \end{subequations}
    Damit ist das DFS-Integral für diesen $H_2$-Typ durch $H_2$ in Gl. (A.19) selbst gegeben, abzüglich des letzten Termes $-\sum_{j=1}^{2k}p_jq_{j+1}$:
    \begin{displaymath}
\begin{array}{rcl}
I_{\rm DFS}(q_1,\ldots,p_{2k+1})
& = &...
...3}+q_{2j-1}q_{2k-2j+3}
\right) \right]\;. \qquad
\end{array} \end{displaymath}  

    Diese Gleichung gilt für $k\geq 1$. Für $k=0$ ist $L$ diagonalisierbar und wir erhalten
    \begin{displaymath}
\quad I_{\rm DFS}(q_1,p_1)=H_2(q_1,p_1) \quad.
\end{displaymath} (A.-1)

  6. Die sechste Galin-Normalform führt im Fall $k=1$ auf die $(4,4)$-Matrix
    \begin{displaymath}
L = \left( \begin{array}{ *{4}{c} }
0 & -b^2 & 0 & 0\\
1...
... & 0 & 0 & -1\\
0 & \mp1 & \,b^2\, & 0
\end{array} \right)
\end{displaymath} (A.0)

    mit der Jordan-Zerlegung
    \begin{displaymath}
L = D+N
= \left( \begin{array}{ *{4}{c} }
\,0\, & -b^2 & ...
... & 0\\
0 & \mp1 & \,0\, & \,0\,
\end{array} \right) \quad.
\end{displaymath} (A.1)

    Diese Zerlegung führt auf das formale Integral
    \begin{displaymath}
\quad I_{\rm DFS}({\mbox{\protect\boldmath$q$}},{\mbox{\protect\boldmath$p$}}) = b^2p_1q_2+p_2q_1 \quad.
\end{displaymath} (A.2)

    Es ist uns bisher nicht gelungen, auch für $k\geq2$ das DFS-Integral des Galinschen $H_2$-Typs VI zu finden, weil die Hamilton-Matrix hier schon recht kompliziert wird. Wir erhalten für $L$:
    \begin{subequations}
\begin{equation}
\quad
L = \left( \begin{array}{cc}
L^{...
...\ [0.2cm]
L^{[4]} & = & - {L^{[1]}}^T \quad.
\end{eqnarray} \end{subequations}
    Wir überlassen es dem Leser, die Jordan-Chevalley-Zerlegung dieser $(4k,4k)$-Hamilton-Matrix $L$ zu finden und damit diejenigen Summanden von $H_2$ zu identifizieren, die das DFS-Integral im Fall VI konstituieren.

Die Resultate des vorliegenden Anhanges A lassen sich zu dem im folgenden dargestellten Verfahren zusammenzufassen, nach dem ein Hamiltonsches System durch die Bestimmung eines zweiten Integrals der Bewegung analysiert werden kann:

  1. Bestimmung der Hamilton-Matrix $L$ aus $H_2({\mbox{\protect\boldmath$z$}})$; Durchführen einer linearen kanonischen Transformation, die $L$ auf Jordansche Normalform bringt, also $H_2$ in einen der sechs Galin-Typen (bzw. in die Summe mehrerer Galinscher Normalformen) umformt.
  2. Transformation der Hamilton-Funktion auf DFS-Normalform.
  3. Rücktransformation des der Auflistung der Integrale in diesem Abschnitt entnommenen Integrals $I_{\rm DFS}$, das heißt Umkehrung der in den Schritten 2 und 1 durchgeführten Transformationen.

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Martin_Engel 2000-05-25